Rheuma-Selbsthilfegruppe-Bonn erhält Förderpreis für Selbsthilfegruppen 2010 auf der Medica in Düsseldorf
Die Rheuma-Selbsthilfegruppe-Bonn, unter der Leitung von Frau Gabriele Müller, bekam Ende November 2010 im Rahmen der „Medica“, dem Weltforum der Medizin, den 2. Platz des "Förderpreis Selbsthilfe 2010" verliehen.
Die Jury suchte nach den besten Ideen zum Thema Öffentlichkeitsarbeit.
Den mit 1000 Euro dotierten Preis bekam Frau Gabriele Müller verliehen, weil sie das Gremium insbesondere mit dem Angebot einer regelmäßigen Selbsthilfepatientensprechstunde in der Rheumatologie der Universitätsklinik Bonn, sowie mit dem Unterricht an den Krankenpflegeschulen und mit der Ausrichtung von Selbsthilfeinformationstagen überzeugte.
Die Bernd und Marion Wegener Stiftung unterstützt Projekte für selbst bestimmtes Handeln in unterschiedlichen Lebenssituationen. Der Preis soll aktive Menschen, die an der Basis wichtige Aufklärungs- und Öffentlichkeitsarbeit leisten unterstützen.
Jurymitglieder waren Gerd Fischer, Vizepräsident der Deutschen Gesellschaft für Präventionsmanagement, Prof. Dr. Erika Gromnica-Ihle, Präsidentin des Bundesverband Deutsche Rheuma-Liga, Dr. Helge Riegel, Vizepräsident der MEDICA, Dr. Bernd Wegener, Marion und Bernd Wegener Stiftung und Gerd Thomas, Geschäftsführer des Organisationsbüros medandmore communication GmbH.
„Mit diesem Preisgeld wollen wir die Arbeit und das Engagement der vielen Selbsthilfegruppen unterstützen, die sich dafür einsetzen, dass die Öffentlichkeit mehr über Rheuma erfahren“, sagte Dr. Bernd Wegener. „Wir möchten sie anspornen ihre Anliegen besser in die Öffentlichkeit zu transportieren“, so Wegener weiter.
Beurteilt wurden kreative Ideen, originelle Aktivitäten, interessante Materialien sowie die Umsetzung und die Ergebnisse der Maßnahmen.
Die Ministerpräsidentin von Nordrhein-Westfalen, Hannelore Kraft, hatte die Schirmherrschaft für die Veranstaltung übernommen.
Im Jahre 2009 wurde der RheumaPreis erstmals verliehen. Diese Auszeichnung soll von entzündlich- rheumatischen Erkrankungen Betroffene ermutigen, an ihrem Arbeitsplatz offen mit der Erkrankung umzugehen.
Im Rahmen der RheumaPreis Verleihung bekam Frau Gabriele Müller, Leiterin der Rheuma-Selbsthilfegruppe-Bonn den Ehrenpreis verliehen:
Als meine Erkrankung "Psoriasis- Arthritis" im Jahre 1999 diagnostiziert wurde, war ich im ersten Moment einfach nur erleichtert. Endlich wusste man - nach einem Beschwerdezeitraum von fast 20 Jahren - was ich habe! Die Auswirkungen waren mir allerdings zu diesem Zeitpunkt noch nicht voll bewusst. Erst nach und nach begriff ich, dass diese Erkrankung mein Leben völlig verändern wird. Das musste ich erst einmal verarbeiten!
Dass meine berufliche Laufbahn im Jahre 2006 nach 33 Jahren Berufstätigkeit als Kinderkrankenschwester endgültig beendet sein sollte, traf mich weitaus schlimmer, als die Diagnosestellung selbst, denn ich hatte immer sehr für den Verbleib in meinem geliebten Beruf gekämpft und auch noch eine Umschulung zur Case Managerin absolviert.
Stattdessen konnte ich von nun an meine ehrenamtliche Arbeit intensivieren und neue Pläne verwirklichen. Bereits im Jahre 2002 gründete ich eine Selbsthilfegruppe für Rheumakranke, u.a. biete ich mittlerweile sogar eine Patienten- Sprechstunde am Universitätsklinikum Bonn an, ich halte Vorträge und organisiere Patienten- Informationstage. Zu Gute kommt mir, dass ich mir in allen Tätigkeitsbereichen die Arbeit selbst einteilen kann. Die Hilfesuchenden sind stets dankbar für mein Engagement, und das gibt mir das Gefühl, etwas Sinnvolles zu leisten.
Ich bin immer wieder erstaunt, wie wenig aufgeklärt die Betroffenen, gerade auch die Neuerkrankten, über rheumatische Erkrankungen sind. Daher rate ich jedem, sich gut zu informieren, denn nur was man kennt, kann man auch akzeptieren. Beruflich sollte man sich zwar erst vortasten, wie eine chronische Erkrankung am Arbeitsplatz aufgenommen wird, dann aber dazu stehen und selbstbewusst damit umgehen. Nur so kann Gegenüberstehenden demonstriert werden, dass man auch mir solchen Erkrankungen durchaus ein gutes Leben führen kann und vielfach auch trotzdem noch im Berufsleben verbleiben kann.
Im Privatleben habe ich vielseitige Interessen, auch bin ich sehr naturverbunden. Mein größtes Hobby ist jedoch das Hornblasen. Oft gehe ich hierzu in den Wald und kann so alles um mich herum vergessen, daraus schöpfe ich wieder neu die nötige Kraft zur Bewältigung meiner Erkrankung. Mittlerweile besitze ich mehrere verschiedene Hörner, mein kleines Taschenhorn ist mein steter Begleiter, wenn ich unterwegs bin.
Mein Leben hat sich durch die Erkrankung natürlich sehr verändert, aber nicht unbedingt nur zum Schlechteren. Deshalb beschreibe ich meine Lebenseinstellung immer so: Wenn einem im Leben ein Punkt vor die Nase gesetzt wird, dann muss man ein Ausrufezeichen daraus machen!
Frau Müller gehört nicht zum Kreis der fest angestellten Preisträger, beweist aber seit Jahren trotz ihrer Erkrankung an Psoriasis- Arthritis ehrenamtlich hohes soziales Engagement, das an dieser Stelle gewürdigt werden soll. Sie zeigt durch ihre verschiedenen Tätigkeiten nicht nur Organisationstalent und Eigeninitiative, sondern auch, beispielsweise bei ihren Patienten- Sprechstunden, großes Einfühlungsvermögen für das Befinden anderer. Auch Frau Müller zeigt, dass Menschen mit Rheuma einen aktiven Part innerhalb der Gesellschaft übernehmen und viel Gutes bewirken können. Aus diesem Grund wurde sie für ihr bemerkenswertes Engagement ausgezeichnet.
Die Selbsthilfe- Kontaktstelle Bonn ist eine Einrichtung der Selbsthilfeunterstützung. Wir vermitteln Menschen in Selbsthilfegruppen, unterstützen bestehende Gruppen, oder regen beispielsweise zur Gründung von Selbsthilfegruppen an.
In diesem Zusammenhang lernte ich Frau Müller im Herbst 2002 kennen. Sie kam auf uns zu und sagte, dass sie in einer bestehenden Selbsthilfegruppe Mitglied sei, doch in dieser noch nicht das gefunden habe, wonach sie sucht. Der psychosoziale Aspekt ihrer Rheumaerkrankung kam ihr dort zu kurz. Daraufhin machte ich ihr den Vorschlag, eine eigene Gesprächs- Selbsthilfegruppe zu gründen, in der die ihr wichtigen Themen ausgetauscht werden können. Diesen Vorschlag nahm Frau Müller auf, und wir unterstützen sie hierbei durch Pressearbeit, organisatorische Dinge und durch die Moderation des ersten Treffens. In der Selbsthilfegruppenarbeit fand Frau Müller eine neue Lebensperspektive und eine wichtige Aufgabe, nachdem sie ihren Beruf als Kinderkrankenschwester aufgeben musste. Zunächst half der Erfahrungsaustausch ihr, sich selbst mit der rheumatischen Erkrankung zu arrangieren. Trotz ihrer schweren Erkrankung organisiert Frau Müller zusammen mit anderen Selbsthilfegruppen und Fachärzten Informationsveranstaltungen für Rheumakranke und bietet in der Rheumatologie der hiesigen Universitätsklinik, soweit es ihr Krankheitszustand zulässt, Beratung für Betroffene an.
Frau Müller hat immer gute Laune, ist voller Energie und ganz unkompliziert. Es ist toll, mit ihr zu arbeiten!
1999 habe ich Frau Müller erstmalig als Patientin kennengelernt. Im Jahre 2004 nahm sie in unserer Ambulanz als ehrenamtliche Mitarbeiterin ihre Patienten- Beratungssprechstunden auf.
Ihre Krankheitsentwicklung verlief anfänglich sehr langsam und über viele Jahre, schon lange bevor 1999 der erste Krankheitsschub auftrat. In der Folgezeit nahm die Krankheitsaktivität erheblich zu, so dass sie ihren Beruf als Kinderkrankenschwester schließlich nicht mehr ausüben konnte.
Die Thematik Arbeitsplatz ist für viele Rheumapatienten sehr bristant. Wird bei fortlaufender Krankschreibung die Krankengeldzahlung eingestellt, sind die Patienten verunsichert. Die Sorge finanzieller Verpflichtungen, um die Familie, oder um soziale und persönliche Konflikte sprechen die Patienten bei uns an, und wir versuchen, neben dem medizinischen Aspekt, auch hier Hilfestellung anzubieten. Selbsthilfegruppen bieten hierfür eine wertvolle Ergänzung.
Den RheumaPreis halte ich nicht nur auf Grund der persönlichen Ehrung für sinnvoll, sondern auch weil er sich als Appell an die Gesundheitspolitik richtet, die Bedürfnisse von Rheumapatienten mehr zu berücksichtigen. Der Erhalt der Erwerbsfähigkeit ließe sich durch strukturelle Veränderungen im Gesundheitssystem deutlich verbessern.
Die zum Teil dramatische Unterversorgung mit Rheumatologen bringt für Patienten lange Wartezeiten mit sich. Obwohl die Behandlung sehr beratungs- und zeitintensiv ist, können Rheumatologen diese Betreuung nicht adäquat abrechnen. Das macht es für viele Rheumatologen immer schwieriger, zusätzlich neue Patienten anzunehmen. Denn die bereits betreuten Patienten benötigen Zeit, die kaum noch für Neupatienten zur Verfügung steht. Durch mehr Rheumatologen könnte eine zeitnahe Versorgung und der Erhalt der Erwerbsfähigkeit von Rheumapatienten sicherlich verbessert werden.
Ich habe über das Internet und Flyer vom RheumaPreis erfahren. Nach der Zusage, dass ich mich auch mit einer ehrenamtlichen Tätigkeit bewerben darf, kam die Sache ins Rollen. Ich möchte etwas bewegen! Arbeitgebern soll gezeigt werden, dass Rheuma nicht mit Arbeitsunfähigkeit gleichbedeutend ist. Obwohl ich mittlerweile nicht mehr berufstätig sein kann, gebe ich nicht auf, sondern bin trotzdem weiterhin aktiv! Die Auszeichnung für mein ehrenamtliches Engagement gibt mir die Gewissheit, dass ich das Richtige tue.
Quelle: RheumaPreis 2009: "Aktiv mit Rheuma am Arbeitsplatz"
Nähere Informationen finden Sie unter: www.rheumapreis.de